Mitwirkungsmöglichkeiten vor der Entscheidung der 11. Kirchensynode für ein neues Gesangbuch der SELK

  • Statistischer Erhebungsbogen zum Liedgebrauch in den Gottesdiensten: Rücklauf 60%.
  • Gemeindebefragung zum ELKG (Evangelisch-Lutherisches Kirchengesangbuch): Rücklauf 2000 Bögen
  • Psalmenprobephase Frühjahr 2010 (siehe nebenstehenden Text)

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Auswertung der Psalmenerprobung

Nachdem sich zu Beginn des Jahres 2010 ca. 40 Gemeinden aus allen Sprengeln der SELK zur Mitwirkung an einer Probephase des neuen Psalmgesangs bereiterklärt hatten, stellten die Kantoren Thomas Nickisch, Antje Ney, Pfr. Peter Matthias Kiehl und der Beauftragte für Kirchenmusik im Sprengel Ost Ulrich Schroeder erneuerte Möglichkeiten des Psalmensingens vor.

In der begrenzten Zeit der Erprobung (Invokavit bis Quasimodogeniti) wurden den teilnehmenden Gemeinden kurze und längere Antiphonen (Kehrverse) und Psalmtöne in der heute gebräuchlichen Form vorgelegt. Die angebotenen Formen stammten aus dem Bereich der neuen deutschen Gregorianik, die eine sprachorientierte Zuordnung von Text und Melodie zum Ziel hat. Andere mögliche Varianten, z.B. mehrstimmige oder rhythmische Kompositionen, hatte die Gesangbuchkommission um der Überschaubarkeit der Beurteilung willen nicht angeboten, wenngleich sie diese für die Aufnahme in das zukünftige SELK-Gesangbuch ebenfalls in Betracht zieht.

In vielen der mitwirkenden Gemeinden hat die Probephase bzw. die Auswertung bei den beteiligten Personen und Gruppen zu Gesprächen über das Thema „Gottesdienst“ beigetragen. Die vorbereitende Beschäftigung mit den Gesängen war wichtig, um noch vor dem Gottesdienst die Inhalte zu verstehen und die Neuerungen wahrzunehmen.

Von der Möglichkeit, die Psalmen und Antiphonen im Gottesdienst an anderen liturgischen Orten als dem Introitus zu singen, wurde kaum Gebrauch gemacht. Selten wurden sie auch bei anderen Anlässen als dem sonntäglichen Gemeindegottesdienst gesungen. Gelegentlich kamen sie in Passionsandachten zum Klingen.

Die Eindrücke aus der Probephase sind unterschiedlich. Die vorgelegten Gesänge werden unter der Voraussetzung der vorherigen Einübung im Allgemeinen als sehr gut (24%) bis gut (49%) singbar empfunden. Probleme gibt es bei der Umgewöhnung auf die veränderten Psalmtöne, wo diese sich nur wenig von den gegenwärtigen unterscheiden, und bei den ersten Versen, wenn die Ausführung bei den Vorsängern anders ist als bei der Gemeinde. In diesen Fällen verlagert sich die Beurteilung zu „gut“ bis „mittel“ (20%) bei einigen „schlecht“ (7%)-Voten.

Im Allgemeinen wird die Darstellung der Gesänge als gelungen beurteilt. Die Teilnehmenden der Probephase wünschen weithin die Beibehaltung des Fünf-Linien-Systems sowie eindeutige Textunterlegungen. Die Zeichen zur Gestaltung des Psalms wurden häufig als kompliziert empfunden und wirkten dadurch gelegentlich abschreckend. Hier besteht der dringende Wunsch nach einfachen, leicht nachvollziehbaren Darstellungsformen. Zur Textgestalt und -darstellung nehmen nur vereinzelte Voten Stellung. Das Problem der Akzentverschiebung wird gelegentlich benannt.

Die Einübung neuer Gesänge erfordert immer einen gewissen Übungsaufwand. Dieser wird in diesem Fall für den Chor im Durchschnitt als gering (20%) bis mittel (58%) eingestuft. Für die Gemeinde wird er höher eingeschätzt, 26% beurteilen ihn als groß. Gute Erfahrungen wurden dort gemacht, wo auf die Mühe der Vorbereitung nicht verzichtet wurde. Chorleiterinnen und Chorleiter nahmen sich der Sache überwiegend bereitwillig und methodisch konstruktiv an.

Die Frage nach der Akzeptanz zeigt kein einheitliches Bild. Neben Ablehnung – gelegentlich mit der Forderung nach zeitgemäßen Formen oder auch der Beibehaltung des Bisherigen – gibt es sehr differenzierte Antworten sowie eindeutige Zustimmung. Gelegentlich wird die Frage nach Aufwand und Ertrag gestellt.

Die Möglichkeit, die gleichen Gesänge an mehreren Sonntagen hintereinander zu singen, wird mehrfach als positiv benannt. Insbesondere wurde dadurch die eigene Wahrnehmung des Textes und das Erleben des Psalms verbessert. Eindeutig ist aber zugleich der Wunsch, für möglichst jedes Proprium einen eigenen Introitus-Gesang zu haben.

Darüberhinaus regten die Mitwirkenden vieles an, was die musikalische Praxis des Psalmengesangs in den Gemeinden befördern könnte. Die Voten spiegelten manchmal gegensätzliche Anliegen wider. Die genannten Möglichkeiten reichen von einer Übungs-CD, der gezielten Auswahl der Antiphonen bis zu einer gesonderten Ausgabe der Psalmen/Introiten für den Chor.

Positiv aufgenommen wurde das Angebot, an einer Probephase teilnehmen zu können. 87 % bewerteten diese Möglichkeit als sehr gut bis gut. 82% zeigten eine sehr hohe bis hohe Bereitschaft zur Mitwirkung an weiteren, anderen Erprobungsphasen. Der Bereich „Psalmengesang“ stellt einen relativ kleinen Teil des künftigen Gesangbuchs dar. Er steht für die gelebte generationsübergreifende, ökumenische Verbundenheit der Kirche und für wortbezogene Glaubenserfahrung als einem zentralen Aspekt evangelisch-lutherischer Spiritualität. Daher verdient dieser Bereich der Gesangbucharbeit ebensolch volle Aufmerksamkeit wie andere, umfangreichere und für viele Gemeinden auf den ersten Blick möglicherweise naheliegendere Bereiche.

Die Gesangbuchkommission wird dieser Verpflichtung mit Sorgfalt nachkommen und die Anregungen der Gemeindebefragung in ihre weiteren Überlegungen und Arbeitsschritte einbinden. Ende November wird sie erneut über die neue deutsche Gregorianik beraten, über unterschiedliche Formen der Psalmen und Antiphonen nachdenken und mögliche Wege der Vermittlung von Neuerungen erörtern. Über die Ergebnisse wird sie berichten.

Antje Ney, Manfred Weingarten im November 2010